Kinder dürfen teilen. Müssen aber nicht.
Kinder und teilen. Ein Plädoyer für mehr Egoismus bei Kindern. Wir Erwachsenen erwarten ja auch, dass unser Eigentum akzeptiert wird!
Das Szenario haben so oder so ähnlich schon alle Eltern erlebt: Auf dem Spielplatz spielen die Kinder im Sandkasten mit ihren Sandspielsachen. Es kommen andere Kinder hinzu, die sie nicht kennen, und die das Spielzeug auch haben möchten. Im Kindergarten wollen andere Kinder am Spielzeugtag mit der heißgeliebten Puppe spielen, die die Kinder gerade selbst noch im Arm haben.
Wir Erwachsenen sehen es dann immer gerne, wenn die Kinder ihre Spielsachen hergeben und mit den anderen Kindern teilen. Wenn sie freudestrahlend ihre Spielsachen fremden Kindern geben, die mit ihnen weglaufen, woanders spielen, sie nicht zurückgeben, irgendwo liegen lassen, vielleicht sogar kaputt machen.
Trotzdem verlangen wir Eltern von den Kindern, dass sie ihr Spiel unterbrechen und die Spielsachen abgeben. Dabei haben wir am Tag vorher noch geschimpft, weil etwas verschwunden oder kaputt gegangen ist. “Ihr müsst auf eure Sachen besser aufpassen”, schimpfen wir. Und verlangen kurze Zeit später, dass sie ihre Sachen mit anderen Kindern teilen sollen. Ganz schön inkonsequent, oder? Kein Wunder, dass die Kinder verwirrt sind.
Verlangen wir Eltern zu viel?
“Teilen” ist ein Thema, das in den sozialen Medien und der Blogosphäre regelmäßig hochkocht. So auch dieses Mal, denn eine Mutter hat freimütig ihre Meinung zu dem Thema getwittert: “My son is not required to share with yours!” (Zusammenfassend: Mein Sohn, du musst nicht teilen. Wenn du deine Spielsachen dem fremden Kind nicht geben möchtest, sagst du einfach “Nein”.”)
Für diese Meinung erntete sie auf dem Spielplatz zunächst böse Blicke der anderen Mütter, und später in den sozialen Medien Kritik. Ich bin durch diesen Artikel bei brigitte.de auf die Diskussion aufmerksam geworden und bin direkt auf die Debatte angesprungen.
Stmmt: Kinder müssen nicht teilen!
Kinder müssen nicht teilen. Natürlich ist es nett und süß, wenn Spielsachen und Essen weitergegeben werden. Ich habe mir nie etwas dabei gedacht, welche Signale ich den Kindern dabei sende. Ich habe ja schon angesprochen, dass mir der Widerspruch nicht auffiel, wenn ich einmal sagte “Pass auf deine Sachen auf!”, und dann wieder verlangte “Lass das andere Kind damit spielen”.
Teilen denn wir Erwachsenen?
Ausgerechnet ein Sketch zeigte mir das Absurde an diesem Mama-Wunsch, denn die Situation wurde auf die Erwachsenenwelt übertragen.
Wir verlangen von unserem Kind, Spielsachen zu teilen und sich nicht zu beschweren, wenn ein Kind sich die herumliegenden Spielsachen schnappt. Und wie ist das bei uns? Man stelle sich folgende Situation vor: Du sitzt auf einer Bank, dein Handy in der Hand. Dann kommt eine andere Mutter, setzt sich neben dich und wühlt in deiner Handtasche herum. Sie greift sich dein Portemonnaie, schnappt deinen Kalender oder borgt sich einen Kugelschreiber. Dann reißt sie dir das Handy aus der Hand und sagt, sie möchte das jetzt haben.
Sie steht auf und setzt sich woandershin. Wirft deine Sachen in den Dreck, wählt eine Telefonnummer… Es ist undenkbar, dass du sie gewähren lässt. Undenkbar, dass du sie nun anlächelst und gelangweilt in eine andere Richtung schaust, während sie deine Sachen in der Gegend verstreut oder sie an eine dritte Person weitergibt. Also verlange das auch nicht von deinem Kind.
Kinder dürfen teilen. Müssen aber nicht.
Weitere Artikel zum Thema Kinder und Teilen
Du möchtest noch weitere Artikel zu diesem Thema lesen? Schau mal hier: Miriam ruft zu mehr Gelassenheit auf – bei uns Eltern! – während Katharina auf ihrem Blog kinderleute versucht, ihren Kindern das Teilen nahe zu bringen. Und wie denkst du darüber? Let’s discuss!
Hier noch eine Pinteresting-Grafik für euch zu diesem Arikel. Wenn ihr möchtet. Denn auch für uns gilt: Erwachsene dürfen teilen, müssen aber nicht. : )
Ein toller Artikel von dir und eine super Ergänzung zu meinem! Werde deinen Link bei mir gleich noch mit einfügen 🙂
Ganz liebe Grüße
Miriam
Mein Kind ist zwar mit 13 Jahren mittlerweile alt genug, selbst zu entscheiden, ob es teilen möchte oder nicht, aber in jungen Jahren habe ich auch nie von meiner Tochter gefordert, irgendwelches Zeug zu teilen. Nö. Warum auch!?
Schließlich war ich als alleinerziehende Mutter immer eher mit zuwenig als zuviel Kohle gesegnnet und die Botschaft aus dem Reli-Unterricht von früher, brüderlich und christlich zu teilen, hat sich dank überwiegedem Realismus auch nicht durchgesetzt.
Mit Freunden kann man freiwillig teilen, ja, aber eben freiwillig. Und nicht, weil irgendjemand behauptet, das man das so mache…
LG
SvL
Immer gelingt mir das nicht. Aber ich versuche, mich zu bessern. 😉
Ich finde, bei Besuchskindern ist das nochmal anders. Das sind ja Freunde. Bei uns sind da auch schon Möbel bemalt und teurere Spielsachen kaputt gegangen. Da haben wir zähneknirschend nichts gesagt… Aber ich muss mir auch in den geschilderten Situationen oft auf die Zunge beißen. Ich würde ja auch nicht mein Handy weggeben. Dann darf ich auch nicht verlangen, dass mein Kind eine Schaufel abgibt, auch wenn der materielle Wert da bei 1 Euro liegt…
Sachen, die meinen Kindern sehr am Herzen liegen müssen sie nicht teilen. Ich zwinge sie auch nicht, zu teilen. Vor allem nicht mit Fremden. Es gibt auch Dinge, die ich verbiete zu teilen. Zb das Tablet. Alles kann mal kaputt gehen. Geht aber so ein teures Gerät kaputt, was soll ich da sagen? Zu den Eltern rennen? Die würden auch sagen, was lässt du mein Kind mit so einem teuren Gerät spielen.
Wenn Freunde mit Kindern zu Besuch sind und meine Kinder mal so gar nichts zum spielen für das Besucherkind rausrücken wollen (was sehr selten vorkommt), erinnere ich sie daran, dass wir auch ab und zu bei ihnen zu Besuch sind und sie mit den Spielsachen derer Kinder auch spielen möchten. Meist fruchtet das Argument. Aber zwingen tu ich sie nie. Ich bin mit meinen Sachen aber auch egoistisch. Ich würde zb nie mein Auto verleihen. Ich bekomme schon eine Krise wenn mein Mann es fährt
Ich seh das wie du…. Diese Entscheidung sollten wir unseren Kindern überlassen!
LG, Kati