Brief an die Mutter, die ihr Kind in meinem Beisein schlug
Mein Tipp: Wenn euch die Wut überkommt und euer Arschlochmutter-Gen die Überhand gewinnt, mampft lieber 1 Kilo Schokolade. Brüllen, hauen, schlagen ist IMMER der schlechtere Weg. Lieber einen Zuckerschock riskieren, als von einer Fremden auf sein Arschloch-Verhalten angesprochen zu werden. So wie ich es neulich getan habe.
Liebe Mutter,
es war in einer dieser großen Umkleiden, in der 3 Mütter ihren Kindern Sachen aus- und wieder anzogen. Ihr beiden Mütter wart offensichtlich befreundet, und dann waren da Marie und ich. Dein Sohn war 5, 6 Jahre alt und plapperte vor sich hin. Nicht einmal besonders laut, wie Kinder das halt so tun. Und hörte nicht darauf, als du sagtest, er solle seine Schuhe schneller anziehen. Oder er solle aufhören zu reden.
Ich sah dir an, dass du immer wütender wurdest, und da passierte es auch schon. Du machtest ein paar Schritte auf deinen Sohn zu und hast ihm eine Ohrfeige gegeben. “Ich hab ja gar nicht geschlagen! War ja nur ein Klaps”, wirst du dich gleich rechtfertigen. Ich war schockiert, denn ich hätte es lieber verhindert, als hinterher schlaue Reden zu schwingen. Aber ich hatte wirklich keinen Auslöser feststellen können.
Ich war unsicher und wusste nicht, ob ich das übergehen sollte oder nicht. Klar sollte deine Ohrfeige nur eine Art Warnung sein. Du hast nicht mit voller Kraft zugehauen, sondern nur “ein bisschen”. Aber dann sah ich deinen Sohn, der sich auf einmal ganz klein machte, vor sich auf den Boden schaute und mit den Tränen kämpfte. Wenn du ihn schon nicht schützt… ehrlich gesagt, hast du auf mich in diesem Moment auch ziemlich bedrohlich gewirkt. In meinem Herzen bin ich ja ein Angsthase, aber ich habe mir ein Herz gefasst: “Ich mag es gar nicht, wenn in meiner Anwesenheit Kinder geschlagen werden”, sagte ich zu dir, die du bereits wieder mit anderen Sachen beschäftigt warst.
“War doch nur ein Klaps!”
Du fuhrst zu mir herum und deine erste Reaktion war kurioserweise Verteidigung. Nachdem du meintest, es sei nur ein Klaps gewesen, und überhaupt wäre er ja schon seit dem frühen Morgen frech zu dir gewesen, kam Reaktion 2. Wut. “Warum mischen Sie sich da überhaupt ein?”
Tja, warum mische ich mich überhaupt ein. Ich glaube, ich hatte es schon erwähnt: Ich mag es nicht, wenn in meinem Beisein Kinder geschlagen werden. Also antwortete ich auf deine Frage: “Wer soll es denn sonst tun?” Es folgte noch ein wenig wütendes Gemurmel, bis du (und auch deine Freundin) sich wieder von mir abwandten. Die Atmosphäre war verständlicherweise etwas unangenehm. Aber ich dachte mir schon, dass du schon gleich in Phase 3 eintreten würdest: Reue.
Du warst auf einmal sehr liebevoll zu ihm, bis ihr wieder gegangen seid und euch sogar noch freundlich von mir verabschiedet habt.
Ein Teufelskreis: Wut – Überreaktion – Reue
Die Moral von der Geschicht’? Wahrscheinlich die, dass man sich als Elternteil sehr gut im Griff haben muss, um seine “Macht” über das Kind nicht auszunutzen. Ich habe selbst 2 Töchter und weiß, wie schnell man in den Teufelskreis aus Wut – Überreaktion – Reue hineingerät. Unser Ziel muss es sein, gar nicht erst zu dem Punkt zu kommen, an dem man etwas bereut. Das muss ja gar nicht Hauen sein, es reichen schon ungerechte Verbote oder Anschreien. Und sich immer bewusst sein: Auch ein Kind hat eine Entschuldigung verdient, wenn man sich als Erwachsener falsch verhält.
Ist diese Mutter nun eine Arschlochmutter?
Mit Sicherheit nicht, so wie ich auch in meinem anderen Bericht, der einigen Staub aufgewirbelt hat, jeweils nur eine einzige Situation beurteilt habe. In diesem Moment, als ich diese Mutter angetroffen habe, war sie eine Arschlochmutter, ja. Aber sind wir das nicht alle mal irgendwann? Ich hoffe für ihren Sohn, dass ich sie in einer Ausnahmesituation angetroffen habe und sie durch mein Eingreifen gezwungen habe zu überlegen, wie manche Sachen auf Außenstehende wirken und wie sie eigenen Ärger besser auflösen kann.
Und für mich selbst habe ich, wie immer, das Ziel, mein eigenes Arschlochmutter-Gen so gut wie möglich im Griff zu behalten. Was mir mal mehr, mal weniger gut gelingt. Und wenn’s mal ganz schlimm wird, habe ich immer Schokolade parat. Oder Gummibärchen.
Wer kennt’s?
An der Straße reagiere ich auch mal heftiger als in anderen Situationen. Aber schlagen… Man könnte manchmal echt denken, dass manche Eltern ihre schlechte Laune an den Kindern auslassen. Ich wünsche mir die Super Nanny zurück…
Oh mann. Da vergeht einem wirklich alles.
Ich stand kürzlich im Auto an der Ampel, schaute gelangweilt auf den Gehweg neben mir…da lief ein ca. 2-3 Jahre altes Mädchen an der Hand von seinem Vater, 3 Jungs (ihre Brüder?) liefen nebenher. Als die Kleine von der Hand weg wollte blieb der Vater stehen und schlug seine Zeitung, die er in der anderen Hand hatte, dem kleinen Mädchen mitten ins Gesicht. Es fing sofort an zu weinen, da zog er sie am Arm und haute ihr die Zeitung noch auf den Po!!! Ich war völlig geschockt, ließ mein Fenster runter und rief, er solle das Kind in Ruhe lassen – hinter mir bereits ein Hupkonzert.
Furchtbar. Ich dachte, die Zeiten seien seit den 60ern vorbei.
Vielen Dank für die tollen Antworten! Ich hatte mein Passwort verschludert, daher erst jetzt die Freischaltung. Ich denke auch oft, was wohl zu Hause passiert, wenn schon in der Öffentlichkeit gehauen wird… Wenn die Kinder die Eltern hauen, treten, beißen, schlagen, provozieren, beschimpfen, kann ich einen Klaps noch ansatzweise verstehen.
Aber meist ist es ja wirklich nur die eigene schlechte Laune oder miese Zeitplanung, die das Fass zum Überlaufen bringt. Und die Kinder müssen das dann leider ausbaden.
Habe ich auch schon gemacht, auf dem Parkplatz vom Bauhaus. Ich bekomme jetzt noch Herzrasen, wenn ich daran denke. War ein Vater und die Reaktion ganz ähnlich, er hat sich allerdings gar nicht vor mir gerechtfertigt, aber seinem Sohn erklärt, warum er so gehandelt hat. Also ganz klar auch Reue. Ich hab manchmal Angst, was Leute in den eigenen vier Wänden ohne Beobachter machen, wenn sie sich mitten auf einem belebten Parkplatz so wenig im Griff haben.
Schlagen geht nicht. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Du hast vollkommen Recht gehabt, sie anzusprechen. Auch wenn die Kleinen einen wirklich in den Wahnsinn treiben können, also so richtig wirklich, Schlagen und Runterputzen sind tabu! Ich ertappe mich auch oft, zu oft, in der Wutfalle, mecker dann auch rum und werde auch laut – ich denke, das versteht jede Mutter. Es häuft sich im Laufe des Tages manchmal soviel an und es gibt Tage, die sind besonders schlimm. Ich bin leider auch nicht immer besonnen und werde lauter und gereizter, als ich eigentlich sein sollte. Ich versuche es zu reduzieren. Aber lieber mal meckern als schlagen! Für Meckermamis habe ich Verständnis… Ich glaube, wir alle kennen Situationen, wo wir mehr Meckern als wir eigentlich wollten.
Schlagen und gemeines Runterputzen nach dem Motto „Nie machst Du, ist das denn so schwer, verstehst Du mich nicht“ oder noch schlimmer „Bist du zu dumm dafür?!“ (diesen Spruch finde ich fast schlimmer als eine Ohrfeige, naja, genauso schlimm) – das ist für mich beides ein Ausdruck an Hilflosigkeit.
Mir hilft tief durchatmen. Manchmal auch umdrehen, ein paar Schritte vom Kind entfernen. Mir sagen: „Er ist nur vier, bzw er ist nur eineinhalb.“
Hi, sehr schön geschrieben und besonders klasse finde ich, dass Du beide Seiten dargestellt hast. Du hast absolut richtig gehandelt, in dem Du sie auf ihr Verhalten hingewiesen hast, man merkt das spätestens nachdem sie es kurz darauf bereut. Wie sagt man so schön, ihr ist eine Sicherung durchgebrannt.
Besonders gut gefällt mir an diesem Artikel, dass Du die andere Mama nicht verurteilst, sondern nur ihr Handeln. Ich selber bin mittlerweile Mama von einem TeeNager und das ist nochmal ein ganz anderes Kaliber.
Ich kenne diese Situation sehr gut, sich zusammen zu reißen, nicht emotional reagieren, der Fels in der Brandung sein, wenn um dich herum der Sturm tobt, im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn man gestresst ist oder aber die mentale Verfassung lädiert, fällt es besonders schwer und vor allem der kleinste Stein bringt das Fass zum überlaufen. Ich kann jeder Mama da nur empfehlen, bewusst auf das Fass zu achten und ein Ventil zu finden (NICHT DAS KIND) etwas Druck abzulassen und den Stress abzubauen.
Mütter sind auch nur Menschen, selbst Wonder Woman hat ihre Schwäche, jeder der so etwas beobachtet, sollte wie Du die Mama darauf ansprechen, ich mache das wenn auf die „Ich kann dich total verstehen“ Schiene. Das Kinder einen in den Wahnsinn treiben können, aber das Gewalt keine Lösung ist und nur Gegengewalt hervor ruft. Dann soll sie sich ihr Kind ansehen, die Angst, die Du so schön beschrieben hast, die Traurigkeit, ein Kind sollte keine Angst vor seinen Eltern haben, Respekt, aber keine Angst.
Viele Mütter sind mehrfach belastet und stehen unter enormen Stress, daher ist es wichtig sie nicht zu verurteilen, sondern wie Du auf sie einzugehen, damit sie einmal mehr über ihr Verhalten nachdenkt und etwas ändert. Sehr schöner Artikel 😉 Liebe Grüße
Ich finde du hast richtig gehandelt, somit war die Dame zumindest gezwungen sich ihr Verhalten bewußt zu machen und sieht dass es nicht in Ordnung ist hinzuklapsen! Wir sind ja alle nicht perfekt und wie oft ärgere ich mich im Nachhinein über mich selber weil ich im Stress wieder mal gedrängt habe oder lauter geworden bin! Manchmal ist aber auch zu schwierig …wenn man schon 100 Mal gebeten, verboten, gewarnt usw. hat… da machen es sich schlagende bzw. klapsende Mütter „einfacher“, ich für mich stoße manchmal an meine Grenzen und weiß dann was ich noch machen kann damit unser Zwergi mal folgt! 🙂
Danke dass Du den Mut hattest etwas zu sagen. Ehrlich? Ich mache auch nicht alles perfekt, und ich habe mein Kind auch schon mal angeschrien, danach ein schlechtes Gewissen gehabt und mich entschuldigt. Aber Schlagen – sorry, das geht gar nicht. Nie, nie, nie. Und dafür gibt es auch keine Rechtfertigung.
Ich hatte echt Bammel, weil sie auch (hört sich doof an) größer und schwerer war. Aber war eigentlich klar, dass sie im Beisein der Kinder nicht ausflippt. Genau wie du sagst, ich habe gehofft, dass ich sie aus der Situation löse, sie durchatmet und sich dann wieder auf ihren Sohn einlässt. Und so war es ja auch. Als sie sich dann nett verabschiedete, war ich wirklich verwundert. Ich war immer noch am Zittern. So viel zum Thema Mut…
Respekt an dich, ich weiß nicht ob ich den Mut gefunden hätte Sie anzusprechen aber es ist richtig. Man darf keine Kinder schlagen. Man muss sich selbst vielleicht erst mal für eine Sekunde zumindest in Gedanken aus der Situation nehmen und Wuuuuusa denken. Jeder findet seine Möglickeit das eben so etwas nicht passiert. Das geht einfach nicht
Meine 2-Jährige hatte das ja auch mitgekriegt und ich wollte nicht, dass sie denkt, ich stehe nur dabei und gucke zu. Ich wusste, ich hätte mich im Nachhinein sehr geärgert und das berühmte „Hätte ich nur…“ gedacht. Ich bin sicher, ein Muster durchbrochen zu haben. Wenn ich in der Öffentlichkeit die Geduld verliere, und jemand würde mich darauf ansprechen, reflektiert man schneller, glaube ich, dass das ganz schön blöd ist, was man gerade macht. Anstatt sich immer weiter in seinen Ärger hineinzusteigern.