Heulsuse nach SchwangerschaftAchtung Heulsuse! Eine Schwangerschaft ist Schwerstarbeit für den Körper. Frei nach dem sonst nur von Baustellen bekannten Warnschild “Eltern haften für ihre Kinder” ist dort, wo das Kind war, erst mal nur ein riesiges Loch umgeben von ganz viel wabbeligem Speck. Mein Gehirn hat sich in den ersten Monaten oft ähnlich angefühlt – nichts drin außer einer gehörigen Portion Leere namens Stilldemenz vermischt gaaanz viel Tränen. Emotionen, Empathie, Mitgefühl, wie immer man das nennen möchte. Auch jetzt laufe ich durch die Welt, bereit, beim geringsten Anlass, loszuheulen – natürlich insbesondere, wenn es um meine Kinder geht.

10 Gründe, warum ich nun eine Heulsuse bin

  1. Pampers-Werbung. Wenn ich diese zufriedenen Babys in ihren Windeln mit ihren glücklichen Müttern nur sehe, wird mir ganz warm ums Herz. Sie strahlen, kuscheln, tapsen mit ausgestreckten Armen in Richtung Mama/Kamera… Und ich weinte in der Schwangerschaft vor Freude, dass ich das auch bald erleben würde. 4 Jahre später steigen mir die Tränen in die Augen, weil diese Zeit bei uns schon vorbei ist. Es ist einfach nicht fair.
  2. Ein Kind läuft in die Arme der Eltern. Dieser Moment in Reality-Shows, wenn Eltern und Kinder aufeinander zu laufen, das Kind viel Glück wünscht oder hinter der Bühne die Daumen drückt… Diese offen zur Schau gestellte Liebe macht mich fertig!
  3. Schlimme Geschichten über Babys. Es bricht mir das Herz, wenn ich etwas über vernachlässigte oder kranke Babys lese. Oder über Unfälle. Ich weiß selbst nicht, warum ich diese Berichte immer lese oder im Fernsehen anschaue. Mein Mann bezeichnete “Die Supernanny” mal als “Krimi für Schwangere”. Aber ich musste sehen, wie fies manche Eltern zu ihren Kindern sind und damit sogar noch ins Fernsehen gehen. Es war so rührend, wie die kleinen Kinder trotzdem immer wieder auf die Erwachsenen zugehen und ihnen ihre Liebe schenken. Wie kann man gemein zu solch kleinen Wesen sein? Wenn ich an die ein oder andere Geschichte denke, laufen mir schon wieder die Augen über. Taschentuch!! Jetzt!!
  4. Impfungen beim Arzt. Ihr kennt diese Eltern, die ihrem Kind beruhigend zureden, während die Arzthelferinnen schon mit gezückten Spritzen parat stehen? Äh… Ich bin die Mutter, die heulend vor der Tür steht und sich kaum wieder einkriegt, weil das Baby drinnen kurz aufschluchzt. Was muss sich das Baby nur denken… dieser Verrat: Papa hält mich fest, während Fremde mir weh tun… Nichts mit Schutz, Papa liebt mich nicht mehr! So oder so ähnlich muss das doch auf Babys wirken… Mein Gedankenkino fährt Achterbahn, Endstation: Tal der Tränen, bitte aussteigen! Blind vor Tränen taumle ich schließlich zurück ins Zimmer. Vier verständnislose Augenpaare sehen mich an: “Was ist denn los? Sie hat nur kurz geweint, weil der Tupfer kalt war. Die Spritze war ihr egal.”
  5. Meine Babys schlafen. Okay, manchmal weine ich auch, wenn meine Kinder wach sind. 🙂 Aber stellen wir uns für den Augenblick lieber schlafende Engelchen vor. Da hängt ein Füßchen aus dem Gitterbett, die Püppi ist unendlich weit weg, die Decke liegt aufgetürmt auf dem Boden und will wieder über die Kinder gelegt werden… Oft setze ich mich auch einfach neben die Betten und genieße die Ruhe, die von den fest schlafenden Kindern ausgeht. Ich bin verliebt. Verliebtheitstränen können richtig schön sein.
  6. Töchterchens Tanzaufführung. Anstatt vor Stolz zu platzen, weil sie so wahnsinnig hübsch in ihrem geliehenen Tutu aussieht, konzentriert auf und ab hüpft und immer wieder zu mir herunterstrahlt, kann ich den Auftritt gar nicht richtig sehen, weil mir die Tränen nur so herablaufen. Nebendran mein herablassend grinsender Mann, meine strahlende Tochter auf der Bühne, und die 2-Jährige neben mir motzt: “Mama, nicht weinen!!”
  7. “Mama, ich liebe dich!” Wem da nicht die Tränen in die Augen steigen, ist offiziell ein Klotz! Marie war noch keine 2 Jahre alt, als sie zum ersten Mal “Lieb dich , Mama”, und sie war noch keine 2 Jahre alt. Die strahlende Maus hatte sich zufällig einen wunderbaren Moment für ihre erste Liebeserklärung an Mama ausgesucht:  Mit diesen Worten wurde ich von ihr an meinem Geburtstag geweckt. Ich hätte auf der Stelle sterben können vor Glück. Ich flog ich zu meiner Tochter und umarmte sie, damit sie nicht schon wieder verräterische Tränenspuren an mir sehen würde.
  8. Kleidungstücke passen nicht mehr… und müssen in Kisten gepackt oder sogar auf dem Flohmarkt verkauft werden. Ich überlebe es einfach nicht, meine Tochter nie mehr in diesem süßen Kleidchen zu sehen oder in jene Jacke stecken zu können. Und wann sind ihre Füße so sehr gewachsen? Gerade gestern hast du noch nicht mal in Größe 50 reingepasst. Was, in aller Welt, ist mit dir passiert? (Die Heulsuse in mir schnieft schon wieder)
  9. Das Schild “Kinderabteilung”. Ich kann die Kinderkleidung nicht mehr in der Babyabteilung einkaufen. Ich muss doch tatsächlich rüber in die “Kleinkindabteilung”. Der Schock saß tief.
  10. Kaum noch goldige Versprecher. Bei uns zu Hause gibt es keine “Nudlis” und keinen “Jothurg” mehr. Nein, Hanna will nun “Nudeln” und auch “Jothurg” wich kurze Zeit später der richtigen Aussprache “Joghurt”. Zu viel für mich. Ich habe sogar versucht, ihr die falsche Aussprache der Wörter wieder anzugewöhnen. Aber egal, wie oft ich es selbst sage -aber Jothurg und Nudlis gibt es in Hannas Wortschatz nicht mehr. *heul* Ich hoffe, Maries “Papüze” (für: Kapuze) bleibt uns noch eine Weile erhalten!

Die Kunst gleichzeitig in Tränen aufgelöst zu sein und zu lachen, beherrsche ich mittlerweile perfekt. Warum bei mir die Tränen so locker sitzen? Kann ich nicht sagen. Warum die Papas dieser Welt nicht ebenfalls ein paar Heulsuse-Hormone abkriegen? Ist mir ein Rätsel. Aber irgendwie passt es ja auch ganz gut, wenn ich mal wieder meine Heultränen trockne und er seine Auslachtränen.